Sterben lernen heißt leben lernen !
6. Juli 2024
Ich bin Ingrid. Ich bin geboren, weil ich gebraucht wurde. Etwa 3 Jahre lang habe ich mich gut geschlagen, dann gewannen Emotionen und Boxmechanismen die Oberhand. Als ich 30 Jahre alt war, verlor ich zum ersten Mal meine Stimme, genauer meine Singstimme. Keine gute Sache für eine professionelle Sängerin. Der Verlust meiner Stimme brachte mich zurück auf den Weg, auf den Weg des Bewusstseins. Zuerst durch die Begegnung mit einem Seher, später durch gewaltfreie Kommunikation, The Work von Byron Katie und dann durch Possibility Management. Vor fast 2 Jahren hatte ich die ersten leichten Symptome einer Krankheit namens amyotrophe Lateralsklerose ALS, bulbäre Form. Ich verlor erneut meine Stimme, dieses Mal meine Sprechstimme. Ich war reif für diese Krankheit in dem Sinne, dass ich keine Geschichte dran geklebt habe. Diese Krankheit gibt es auf der Welt. Warum sollte sie nicht auch mir passieren? Ich bin wieder aufs Gleis gesetzt, auf dem Weg. Ich bin das, was gebraucht wird. Ich lebe in vollen Zügen. Ich liebe mein Leben, jede einzelne Sekunde. |
Du bist geboren, weil du gebraucht was . Du wurdest, wie alle anderen auch, in deiner Kindheit aus der Bahn geworfen durch ein oder mehrere traumatische Erlebnisse, oder weil du gelernt hast dich anzupassen.
Es ist nichts Falsches daran, aus der Bahn geworfen zu werden. Hauptsache du kommst wieder auf den deinen Weg, ohne dir selber Vorwürfe zu machen, mit anderen Worten, ohne in den Elternstimmenmodus zu verfallen. Das nennt man Dekontamination. Andere Begriffe sind Klarheit oder Pfad der Erleuchtung oder Weisheit oder Persönliches Wachstum. Possibility Management bietet Dekontamination mit einem super großen D. Ich habe 14 Monate lang Dekontamination praktiziert, täglich 10 bis 30 Minuten. Ich habe mit dieser Übung begonnen sechs Monate vor meinen ersten unscheinbaren Symptomen und ein Jahr vor der Diagnose von ALS. Diese Praxis hat es mir ermöglicht, keinerlei Widerstand zu hegen, weder gegen die Symptome noch gegen die Diagnose. Ich habe zwei Monate nach der Diagnose mit der Praxis aufgehört, weil ich fühlte, dass ich die Übung genügend integriert hatte, um (die meiste Zeit) im Nicht-Widerstand zu leben. |
Wenn wir mit Dingen konfrontiert werden, die uns nicht gefallen, z.B. unangenehme Probleme und Schwierigkeiten oder "schlechte Nachrichten", entwickeln wir normalerweise Widerstand in einem oder mehreren unserer fünf Körper. Aufgrund unserer Vergangenheit wiederholen wir alte Muster in Situationen, die unser volles kreatives Potenzial erfordern. Ich hatte das Glück, Freunde zu haben, die ihre Schwerter zückten, um mir zu sagen, wann ich im Opfermodus war. Vorher wusste ich nicht einmal, dass ich im Opfermodus war. Ich dachte, ich hätte Recht.
Das war drei Jahre bevor ich die Diagnose erhielt. In dieser kurzen Zeit habe ich mich von einer Nörglerin (über meinen Mann) zu einer kreativen Schöpferin, und von einem angepassten Leben in meiner Box zu einem Menschen gewandelt, der sein Leben voll auslebt. |
Wenn ich es tun kann, kannst du es auch tun. Dekontamination ist eine Möglichkeit. Es gibt noch viele andere. Wenn Dekontamination dich anspricht, findest du vielleicht das Video hilfreich, das ich nach einem Jahr täglicher Übung, und 4 Tage nach der Diagnose gemacht habe.
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Was hat sich sonst noch verändert?
Ich habe entdeckt, dass es eine Entscheidung ist, nicht an sich selbst zu zweifeln, eine von vielen Früchten der Dekontamination. An sich selbst zu zweifeln bedeutet, auf Schwachsinn zu hören. Ich habe beschlossen, nicht an mir zu zweifeln, keine einzige Sekunde. Ein Jahr nach der Diagnose hatte ich einige wirklich harte Wochen, in denen ich "meine" letzten Reste von Autonomie verlor. Ich habe gelernt, dass "mein" physischer Körper nicht mir gehört. Er gehört dem Leben. Ich muss jede Vorstellung von "mir", “mich” oder "mein" aufgeben. ALS gilt als eine Krankheit ohne Schmerzen, aber ich hatte aufgrund der Spastik starke Schmerzen. Ich habe den Reflex entwickelt, in einem Hier und Jetzt von 3 Sekunden zu sein, wenn ich Schmerzen oder Unbehagen verspüre. Und das funktioniert auch bei emotionalem "Unbehagen", wie Angst, Wut und Traurigkeit. |
Mit der Zeit hat sich nicht nur meine Sprache verlangsamt, bevor ich sie ganz verlor, alles verlangsamt sich. Ich liebe es. Langsamkeit macht Platz für die Komik des Lebens. Ich habe noch nie so viel gelacht wie jetzt. Gemeinsam mit meinen Betreuern entdecken wir, wie urkomisch das Leben ist, zum Beispiel wenn ich beim Essen meines Smoothies einen Salvador-Dali-Schnurrbart bekomme. Solche einfachen Dinge bekommen durch die Langsamkeit eine andere Dimension. Das ist es, das Tempo der Liebe. Das Leben ist kein Drama, sondern eine Komödie.
Ich lebe in Liebe und Freude. Das ist es, was das Leben auch für dich will. Wenn ich es tun kann, kannst du es auch tun. |